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Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag gegen die Erweiterung des Bioenergiedorfs Jühnde vollständig ab

Die 4. Kammer des Gerichts hat mit Beschluss vom 18. Juli 2018 im Eilverfahren die Rechtmäßigkeit der Erweiterung der Biogasanlage im Bioenergiedorfs Jühnde bestätigt (4 B 331/18).

Jühnde ging im Jahr 2004 als erstes Bioenergiedorf in Deutschland ans Netz. Die Biogasanlage dient der Erzeugung von Strom und Wärme aus Biomasse. Im Mai 2015 beantragte die Firma Bioenergiedorf Jühnde e.G. die Erweiterung ihrer Biogasanlage um im Wesentlichen zwei Spitzenlast-Blockheizkraftwerke. Hiermit sollte ein flexiblerer Betrieb der Anlage erreicht werden. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen genehmigte die Errichtung und den Betrieb dieses Vorhabens mit Bescheid vom 22. Dezember 2015. Im April 2016 beantragte die Firma Bioenergiedorf Jühnde zudem die vollständige Nut-zung des vorhandenen Gärrestelagers, die Wiederaufnahme der genehmigten Biogas-produktionsmenge von 2,69 Mio. Nm³, welche bis dahin betriebsbedingt reduziert worden war, sowie die Änderung des Havariebeckens. Nach Einholung eines Abstandsgutachtens genehmigte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen mit Bescheid vom 9. März 2017 auch diese Maßnahmen. In diesem Umfang unterliegt die Biogasanlage der sogenannten Störfallverordnung, da in ihr mehr als 10.000 kg hochentzündliches Biogas gelagert werden können. Aus dem erhöhten Gefahrenpotential resultieren weitergehende Betreiberpflichten zur Verhinderung und Begrenzung von Störfällen.

Im April bzw. August 2017 ordnete das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen auf entsprechende Anträge des Betreibers jeweils die sofortige Vollziehung der Bescheide vom 22. Dezember 2015 sowie vom 9. März 2017 an.
Nachdem ein Nachbar gegen die beiden Genehmigungsbescheide Klage erhoben und gerichtlichen Eilrechtsschutz begehrt hatte, stellte das VG Göttingen mit Beschluss vom 7. November 2017 (4 B 261/17) die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich des Bescheides vom 9. März 2017 (Gärrestelager, Havariebecken) wieder her und lehnte den Eilantrag im Übrigen ab. Zur Begründung führte es seinerzeit aus, das Gericht sei nicht überzeugt, dass die im Abstandsgutachten angenommene Schwefelwasserstoffkonzentration im Biogas mit den tatsächlichen Verhältnissen in der streitbefangenen Anlage übereinstimme. Im Rahmen einer Interessenabwägung sah das Gericht angesichts der erheblichen Gefahren, die durch einen Austritt von Schwefelwasserstoff entstehen können, das Aussetzungsinteresse des Nachbarn als gewichtiger an als das wirtschaftliche Interesse der zum Verfahren beigeladenen Betreiberin an der sofortigen Ausnutzung der Änderungsgenehmigung. Hinsichtlich des Bescheides vom 22. Dezember 2015 (zwei Blockheizkraftwerke) hatte das Gericht hingegen keine rechtlichen Bedenken.

Im Juli 2018 hat die Betreiberin beim VG Göttingen einen Eilantrag auf Abänderung die-ses Beschlusses vom 7. November 2017 bezüglich des Bescheides vom 9. März 2017 gestellt und zur Begründung auf veränderte Umstände hingewiesen. Insbesondere habe sie nach der Gerichtsentscheidung eine Betriebsanweisung zur dauerhaften Beschränkung der Schwefelwasserstoffkonzentration im Biogas erlassen. Diese Anweisung regele, welche Abwehrmaßnahmen beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte zu ergreifen seien. Außerdem legte die Betreiberin dem Gericht neue Messwerte der Schwefelwasserstoffkonzentration im Fermenter und Nachgärer vor und erläuterte, dass einige der früher übersandten hohen Messwerte auf Messfehlern beruhen würden. Dieser Argumentation ist das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gefolgt. Es hat seinen Beschluss vom 7. November 2017 abgeändert und den früheren Eilantrag des Nachbarn nunmehr vollständig abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Gericht aufgrund der neu vorgelegten Unterlagen nunmehr davon ausgehe, dass das störfallrechtliche Abstandsgebot zum Nachbarn gewahrt sei und der Nachbar auch bei Eintritt eines Störfalls im Betrieb der Biogasanlage einer unzumutbaren toxischen Gefahr durch Schwefelwasserstoff nicht ausgesetzt werde. Auch die übrigen Einwendungen des Nachbarn gegen die Genehmigung vom 9. März 2017 würden nicht durchgreifen. Insbesondere überzeugten die vom Nachbarn vorgebrachten Argumente hinsichtlich der von der Biogasanlage ausgehenden Geräusch- und Geruchsbelastung das Gericht im Eilverfahren nicht.

Die Beteiligten können gegen den Beschluss innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Nds. Oberverwaltungsgericht einlegen. Die Klage des Nachbarn gegen die Ände-rungsgenehmigungen (4 A 158/17) ist weiterhin anhängig.

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.07.2018

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Dieter Wenderoth

Verwaltungsgericht Göttingen
Berliner Straße 5
37073 Göttingen
Tel: 0551 403-2027
Fax: 05141 5937-33300

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