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Verwaltungsgericht weist Klage gegen die Erweiterung des Bioenergiedorfs Jühnde ab

Die 4. Kammer des VG Göttingen hat mit Urteil vom 25. Juni 2019 die Rechtmäßigkeit der Erweiterung der Biogasanlage im Bioenergiedorf Jühnde insgesamt bestätigt (4 A 158/17).


Jühnde ging im Jahr 2004 als erstes Bioenergiedorf in Deutschland ans Netz. Die Biogasanlage dient der Erzeugung von Strom und Wärme aus Biomasse. Im Mai 2015 beantragte die Firma Bioenergiedorf Jühnde e.G. als Betreiberin der Anlage die Erweiterung ihrer Biogasanlage. Es sollten im Wesentlichen zwei Spitzenlast-Blockheizkraftwerke errichtet werden, um einen flexibleren Betrieb der Anlage zu ermöglichen. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen genehmigte die Errichtung und den Betrieb dieses Vorhabens mit Bescheid vom 22. Dezember 2015. Im April 2016 beantragte die Betreiberin zudem die vollständige Nutzung des vorhandenen Gärrestelagers, die Wiederaufnahme der genehmigten Biogasproduktionsmenge von 2,69 Mio. Nm³, welche bis dahin betriebsbedingt reduziert worden war, sowie die Änderung des Havariebeckens. Nach Einholung eines Abstandsgutachtens genehmigte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen mit Bescheid vom 9. März 2017 auch diese Maßnahmen. In diesem Umfang unterliegt die Biogasanlage der sogenannten Störfallverordnung, da in ihr mehr als 10.000 kg hochentzündliches Biogas gelagert werden können. Aus dem erhöhten Gefahrenpotential resultieren weitergehende Betreiberpflichten zur Verhinderung und Begrenzung von Störfällen.



Ein Nachbar klagte gegen die beiden Genehmigungsbescheide und begehrte gleichzeitig gerichtlichen Eilrechtsschutz. Zunächst hatte das Gericht dem Nachbarn teilweise, nämlich hinsichtlich des Gärrestelagers und des Havariebeckens, Recht gegeben (Beschluss vom 7. November 2017 -4 B 261/17-) Zur Begründung führte es seinerzeit aus, das Gericht sei nicht überzeugt, dass die im Abstandsgutachten angenommene Schwefelwasserstoffkonzentration im Biogas mit den tatsächlichen Verhältnissen in der streitbefangenen Anlage übereinstimme.


Auf Antrag der Betreiberin der Biogasanlage änderte das Gericht diesen Beschluss mit weiterem Beschluss vom 18. Juli 2018 und wies nun den Nachbarantrag vollständig ab. Zur Begründung wies es auf veränderte Umstände hin. Insbesondere habe die Betreiberin nach der ersten Gerichtsentscheidung eine Betriebsanweisung zur dauerhaften Beschränkung der Schwefelwasserstoffkonzentration im Biogas erlassen. Diese Anweisung regele, welche Abwehrmaßnahmen beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte zu ergreifen seien. Außerdem legte die Betreiberin dem Gericht neue, nachvollziehbare Messwerte der Schwefelwasserstoffkonzentration im Fermenter und Nachgärer vor und erläuterte, dass einige der früher übersandten hohen Messwerte auf Messfehlern beruhen würden. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Nachbarn wies das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. Januar 2019 zurück (-12 ME 132/18-).


Die nach erfolglosen Vergleichsverhandlungen weiterhin anhängig gewesene Klage hat das Verwaltungsgericht nunmehr abgewiesen. Das Gericht ging dabei - wie auch schon in seinem Beschluss vom 18. Juli 2018 - davon aus, dass das störfallrechtliche Abstandsgebot zum Nachbarn gewahrt sei und der Nachbar auch bei Eintritt eines Störfalls im Betrieb der Biogasanlage einer unzumutbaren Gesundheitsgefahr durch Schwefelwasserstoff nicht ausgesetzt werde. Auch die übrigen Einwendungen des Nachbarn gegen die Genehmigungen griffen nicht durch. Insbesondere überzeugten die vom Nachbarn vorgebrachten Argumente hinsichtlich der von der Biogasanlage ausgehenden Geräusch- und Geruchsbelastung nicht. Ebenso wenig erkannte das Gericht einen in diesem Verfahren relevanten Verstoß gegen die Betreiberpflichten.


Der Kläger kann innerhalb eines Monats beim Nds. Oberverwaltungsgericht einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.07.2019

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