Niedersachsen klar Logo

Beihilferegelungen für Beamte ohne Rechtsgrundlage

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat mit Urteil vom 26. Februar 2008 die derzeitigen Beihilferegelungen für (Bundes-) Beamte als mit höherrangigem Recht unvereinbar erklärt (Az.: 3 A 277/07).

Geklagt hatte ein ehemaliger Bundesbeamter, der als Versorgungsempfänger beihilfeberechtigt ist. Beihilfe ist die finanzielle Beteiligung des Dienstherrn an den den Beamten entstehenden Krankheitskosten als Teil der ihnen zustehenden Alimentation. Der Beamte wandte sich dagegen, dass sein ehemaliger Dienstherr von den entstandenen Krankheitskosten einen sog. Eigenbehalt von 10,00 Euro für die jeweils erste Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung in einem Quartal abgezogen hatte. Diese auf § 12 Abs. 1 Satz 2 der Beihilfeverordnung beruhende Kürzung entspricht der sog. Praxisgebühr, die gesetzlich krankenversicherte Bürger zu zahlen haben. Bei der Beihilfeverordnung handelt es sich lediglich um - bundesweit einheitliche - verwaltungsinterne Anweisungen an die jeweiligen Beihilfestellen. Sie finden entsprechende Anwendung auch auf Landesbeamte.

Die für das Beamtenrecht zuständige 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat die Bundesfinanzdirektion Nord als zuständige Versorgungsstelle verpflichtet, dem Kläger weitere 20,00 Euro Beihilfe (für zweimal abgezogene Eigenbehalte in Höhe von je 10,00 Euro) zu bewilligen. Wesentliches Argument hierfür war, dass dem von § 12 der Beihilfeverordnung vorgesehene Einbehalt eines Eigenanteils entsprechend der Praxisgebühr die rechtliche Grundlage fehle. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 17.06.2004 (BVerwGE 121, 103 ff.) die Beihilfevorschriften für rechtswidrig erklärt. Zur Begründung habe es angeführt, dass wegen der Bedeutung dieser Vorschriften für eine amtsangemessene Alimentation der Beamten und ihrer Familien die wesentlichen Entscheidungen zum Beihilferecht vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst geschaffen werden müssten und nicht bloß verwaltungsintern geregelt werden dürften. Trotz dieses Defizits sei für eine Übergangszeit von einer Weitergeltung der verwaltungsinternen Beihilfevorschriften auszugehen, damit Leistungen im Krankheits- oder sonstigen Beihilfefall nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden könnten. Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Gesetzgeber auf, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums seiner Normierungspflicht nachzukommen. Bis heute fehlt jedoch jede gesetzliche Grundlage für das Beihilferecht. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung diesen überschaubaren Zeitraum spätestens mit Ablauf des 30.09.2006 als beendet angesehen. Das sei der Zeitraum, innerhalb dessen der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2004 gesetzliche Regelungen des Beihilferechts hätte in Kraft setzen können und müssen. Da eine Kürzung der Beihilfe unzulässig sei, müsse der Dienstherr die Aufwendungen für ärztliche Leistungen in voller Höhe erstatten.

Der rechtsgrundsätzlichen Entscheidung der Kammer kommt Bedeutung nicht nur für den Eigenbehalt, sondern auch für andere Kürzungen, etwa bei nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten, zu. Deswegen hat die Kammer nicht nur die Berufung an das Nds. Oberverwaltungsgericht, sondern auch die Sprungrevision an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Am 31. März 2008 hat die Beklagte Sprungrevision eingelegt. -BVerwG 2 C 32.08-

Das Urteil finden Sie unter http://www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung.asp?Ind=0580020070002773%20A

Artikel-Informationen

erstellt am:
09.04.2008
zuletzt aktualisiert am:
07.06.2010

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln