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Verwaltungsgericht entscheidet zur Abfallentsorgungsanlage in Lauenberg

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat mit Beschluss vom 23. April 2008 einem Antrag eines Reststoff und Sonderabfallverwertungsbetriebes aus dem Landkreis Northeim auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen entsprochen (4 B 66/08).

Das Entsorgungsunternehmen betreibt in Lauenberg bei Dassel eine genehmigte Anlage zur Lagerung, Behandlung und Verwertung von Elektro- und Elektronikschrott. Im November 2007 stellte der Antragsgegner fest, dass die Firma in Fredelsloh (Tönnieshof) ohne Genehmigung große Mengen Chemieabfälle lagert. Unter Beteiligung des Nds. Umweltministeriums ist mit der Räumung der auf diesem Gelände befindlichen Hallen begonnen worden (Die Presse berichtete umfangreich).

Mit Bescheid vom 28. März 2008 verfügte der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass die Antragstellerin in Lauenberg keine Abfälle mehr von externen Dritten annehmen dürfe, solange die Entsorgung der illegal am Standort Tönnieshof gelagerten Abfälle nicht abgeschlossen sei. Zur Begründung führte das Amt aus, es sei nicht hinnehmbar, dass die Antragstellerin in Lauenberg weitere Abfälle annehme, während der rechtswidrige Zustand, der auch durch Auslagerung von Abfällen aus Lauenberg am Tönnieshof andauere. Das Amt stützte seine Anordnung auf Vorschriften des Bundsimmissionsschutzgesetzes und des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, nach denen Betreiber von genehmigungspflichtigen Abfallentsorgungsanlagen Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen habe. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und suchte um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nach. Zur Begründung führte sie an, die vorübergehende Auslagerung von Elektroschrott von Lauenberg zum Tönnieshof begründe für diesen Schrott nicht die Abfalleigenschaft. Es handele sich vielmehr nach wie vor um Einsatzstoffe der Abfallbehandlungsanlage in Lauenberg. Rechtswidrigen Zuständen in Tönnieshof müsse der Antragsgegner mit Verfügungen begegnen, die sich auf diese Anlage bezögen. Außerdem sei das Verbot, in Lauenberg weiter Abfälle anzunehmen existenzvernichtend und deshalb unverhältnismäßig.

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat mit dem o.a. Beschluss die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin wiederhergestellt, der Antragstellerin also Recht gegeben.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die vom Gewerbeaufsichtsamt für seine Verfügung herangezogenen Rechtsvorschriften das Verbot der Annahme von Abfällen in der Anlage in Lauenberg nicht trügen. Die illegale Abfalllagerung in Fredelsloh sei bei summarischer Prüfung nicht als Verstoß gegen die sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImschG - ergebende Pflicht zur gemeinwohlverträglichen Abfallentsorgung bezüglich der Abfallbehandlungsanlage in Lauenberg anzusehen. Denn diese Pflicht bestehe nur für solche Abfälle, die beim Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage anfielen, d.h. solche, die in der Anlage selbst erzeugt würden. Die Pflicht gelte indes nicht für solche Abfälle, die in Erfüllung vertraglicher Vereinbarungen zur Entsorgung in die Anlage eingebracht würden. Es sei nicht feststellbar, dass die in Fredelsloh eingelagerten Chemikalien, Autoreifen und anderen Stoffe aus der Anlage in Lauenberg stammten, also dort angefallen seien. Dies könne allenfalls für den Elektroschrott gesagt werden. Dieser sei jedoch zum Teil unbehandelt und stelle keinen Abfall im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImschG dar, sondern diene sowohl nach dem Betriebszweck der Anlage in Lauenberg als auch nach dem erklärten Willen des Geschäftsführers der Antragstellerin der dortigen Produktion. Eine einschränkende Auslegung des Bescheides des Antragsgegners dergestalt, dass er sich nur auf endgültig behandelten Elektroschrott beziehe, sei in Anbetracht der weitgehende Aufforderung an die Antragstellerin, alle illegal am Standort Tönnieshof ausgelagerten Abfälle zu entsorgen nicht möglich.

An der Prüfung, ob sich die Anordnung des Gewerbeaufsichtsamtes auf eine andere Rechtsgrundlage stützen lässt (etwa wegen eines Verstoßes der Antragstellerin gegen die sich aus der Genehmigung der Anlage in Lauenberg ergebenden Betreiberpflichten), sah sich das Gericht aus Rechtsgründen gehindert. Denn die von dem Antragsgegner getroffene Ermessensentscheidung sei nur auf den - nach Ansicht des Gerichts nicht vorliegenden - Pflichtenverstoß nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImschG gestützt worden. In derartigen Fällen dürfe das Gericht nicht eigene Ermessenserwägungen zu weiteren, möglicherweise in Betracht kommenden Pflichtverstößen an die Stelle des erforderlichen Behördenermessens setzen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
30.04.2008
zuletzt aktualisiert am:
07.06.2010

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