Niedersachsen klar Logo

Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag gegen Fraktionsausschluss ab

Mit Beschluss vom 07.12.2022 hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen den von einem Abgeordneten des Einbecker Stadtrates gegen die CDU-Fraktion gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (1 B 265/22).

Der Antragsteller wandte sich gegen den von der Fraktion am 09.11.2022 beschlossenen Fraktionsausschluss und machte geltend, dass dieser gegen formelle Vorgaben verstoße und außerdem aus willkürlichen und nicht belegbaren Gründen erfolgt sei, um einen politische Konkurrenten zu verdrängen. Das Verhältnis zu einigen Mitgliedern der Fraktion sei von Anfang an belastet und u.a. im Falle von eigenen Meinungsäußerungen durch Drohungen geprägt gewesen. Die Angelegenheit sei besonders dringlich, weil infolge des Fraktionsausschlusses nun auch der Entzug von Sitzen in drei Fachausschüssen geplant sei.

Die Antragsgegnerin erwiderte, dass sie sich bewusst keine Geschäftsordnung gegeben habe, um der seit Jahren geübten Praxis entsprechend flexibel agieren zu können, so dass keine formellen Fehler begangen worden seien. Das mittlerweile komplett entfallene Vertrauensverhältnis zum Antragsteller habe sich über Monate dahingehend entwickelt und trotz diverser Gesprächsrunden über das Verständnis von Miteinander, Kollegialität, Wertschätzung und Vertrauen auch nicht mehr gebessert. Eine Möglichkeit zur weiteren konstruktiven Zusammenarbeit werde daher nicht mehr gesehen.

Das Verwaltungsgericht gelangte nun zu der Einschätzung, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Dringlichkeit hier schon nicht mit der Abberufung aus Fachausschüssen zu begründen sei. Insofern handele es sich um eine eigenständige Maßnahme, die nicht rechtlich oder tatsächlich zwingend von der Rechtmäßigkeit des Fraktionsausschlusses abhänge und deshalb nicht zu einem Nachteil führe, der diesem Ausschluss zuzurechnen sei. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf einen in der Wahlentscheidung zum Ausdruck kommenden Bürgerwillen in Bezug auf die Sitzverteilung nebst entsprechender Fraktionsgröße berufen, weil die Fraktionsbildung der Abgeordneten ohnehin freiwillig sei.

Außerdem spreche eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Rechtmäßigkeit des Fraktionsausschlusses. Da es keine Fraktionsgeschäftsordnung gebe, sei in formeller Hinsicht eine Orientierung am bisherigen Vorgehen der Fraktion erlaubt, die dargelegt habe, dass kurzfristige Einladungen zu Fraktionssitzungen per E-Mail ihrer ständigen Praxis entsprächen. Hinzu komme, dass angesichts des schon seit längerer Zeit schwelenden Konflikts und des in Anwesenheit des Antragstellers nach ausführlicher Diskussion bereits am 30.08.2022 ergangenen Beschlusses der Fraktion zur Einleitung des Fraktionsausschlusses vorliegend kein treuwidriges Überraschungsmoment zu erkennen sei.

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei anerkannt, dass für den Fraktionsausschluss ein wichtiger Grund vorliegen müsse, der in einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses bestehen könne. Dabei komme der Fraktion ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Insoweit sei festzuhalten, dass beide Seiten von einer stark gestörten Zusammenarbeit und damit letztlich von einer erheblich eingeschränkten Funktionsfähigkeit der Fraktionsarbeit ausgingen. Dies werde auch durch die vorliegenden Protokolle der Fraktionssitzungen verdeutlicht, soweit dort mehrere Fraktionsmitglieder angekündigt hätten, die Fraktion zu verlassen, sofern es nicht zum Ausschluss des Antragstellers komme. Dabei komme es nicht primär auf den Verursacher eines auf die gesamte Fraktionsarbeit übergreifenden Konflikts an, sondern auf die Mehrheitsmeinung in einer Fraktion, da letztlich innerhalb dieser eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sein müsse. Dass der Fraktionsausschluss auf willkürlichen Erwägungen beruhe, sei jedenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr lasse sich den vorliegenden Unterlagen entnehmen, dass es um grundlegende Fragen der Zusammenarbeit gehe, über die ein erheblicher Dissens bestehe, der nicht aufzulösen sei. Dies beziehe sich u.a. auf die Handhabung intern getroffener Absprachen, den Umgang mit Medien, das geschlossene Auftreten in der Öffentlichkeit und auf unangekündigtes bzw. unabgestimmtes Abstimmungsverhalten in Sitzungen des Stadtrates.

Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingelegt werden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
08.12.2022

Ansprechpartner/in:
Herr Michael Neumeister

Verwaltungsgericht Göttingen
Berliner Straße 5
37073 Göttingen
Tel: 0551 403-2039
Fax: 05141 5937-33300

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln