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Verwaltungsgericht lehnt Rechtsschutzanträge zweier Roma-Familien gegen ihre geplante Abschiebung ab

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts hat mit zwei Beschlüssen vom 08. Dezember 2015 vorläufige Rechtsschutzanträge zweier Roma-Familien abgelehnt, mit denen diese sich gegen ihre geplante Abschiebung in den Kosovo gewehrt hatten (1 B 318 und 319/15).

Die Eltern der Familien reisten Ende der 90'er Jahre nach Deutschland ein. Ihre Kinder sind überwiegend hier geboren. Ein Asylverfahren haben sie nicht betrieben, Aufenthaltserlaubnisse hatten sie in der Vergangenheit zwar beantragt, die Anträge wurden aber mehrfach unanfechtbar abgelehnt. Zwei in den Jahren 2012 und 2013 an die Härtefallkommission beim Niedersächsischen Innenministerium gerichtete Eingaben blieben erfolglos. Die im Hinblick auf diese Eingaben zuletzt bis zum 30. November 2015 geltenden Duldungen will die Stadt Göttingen (Antragsgegnerin) nicht verlängern. Sie beabsichtigt, die Familien in den Kosovo abzuschieben.

Hiergegen richten sich die Anträge der Antragsteller, die sie im Wesentlichen damit begründen, sie dürften deshalb nicht abgeschoben werden, weil sie in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert seien.

Diese Auffassung teilte das Gericht nicht und wies die Anträge mit folgenden Begründungen ab:

Für einen erfolgreichen Antrag sei zunächst erforderlich, dass die Antragsteller ihren Lebensunterhalt selbst sicherstellen könnten. Das sei zu keiner Zeit in den vergangenen 17 Jahren der Fall gewesen, obwohl die Eltern seit 2006 bzw. 2007 hätten arbeiten dürfen. Es sei auch nicht zu erwarten, dass dies in der Zukunft anders werden könnte. In der Vergangenheit, meist im Zusammenhang mit vorangegangenen Abschiebungsversuchen, vorgelegte Arbeitsverträge seien entweder Scheinverträge gewesen oder hätten für unerlaubte Betätigungen bestanden. Eine im Juli dieses Jahres aufgenommene Berufstätigkeit der Väter sei zum 30. November 2015 beendet worden. Die hieraus erzielten Einnahmen hätten auch zu keinem Zeitpunkt ausgereicht, die Familien ohne zusätzlichen Bezug staatlicher Sozialleistungen zu ernähren. Die Eltern hätten keine Schul- und Ausbildungsabschlüsse und seien zum Teil der deutschen Sprache kaum mächtig. Es fehle an den Grundkenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland. Teilweise verhielten sich die Eltern entgegen dieser. Einige Kinder würden nicht regelmäßig die Schule besuchen, ohne dass die Eltern sie hierzu anhielten. Wegen unentschuldigter Fehlzeiten habe es zahlreiche Bußgeldverfahren gegeben, ohne dass eine Besserung eingetreten wäre. Ein Kind habe die Schule nach der 9. Klasse ohne Schulabschluss verlassen. Auch entsprechendes Zureden privater Unterstützer habe hier eine grundlegende und dauerhafte Verhaltensänderung nicht herbeiführen können. Zahlreiche Kinder würden sich zwar ehrenamtlich auch in der Schule engagieren, wobei sich ein 15 jähriges Mädchen in einem Theaterprojekt besonders hervortue. Eine solche projektbezogene Aktivität könne den regelmäßigen Schulbesuch jedoch nicht ersetzen. Soweit diesem Kind ein regelmäßiger Schulbesuch vom 3. September bis zum 3. November 2015 attestiert worden sei, könnten aus diesem, unter dem Eindruck des Gerichtsverfahren stehenden Verhalten aufgrund der zahlreichen unentschuldigten Fehltage bis zum letzten Schuljahr keine Rückschlüsse für die Zukunft gezogen werden. Ein Schulabschluss sei derzeit völlig ungewiss. Soweit die Kinder unter 14 Jahren alt seien und die Schule regelmäßig besuchen würden, könnten sie nach der geltenden Gesetzeslage daraus kein eigenständiges Aufenthaltsrecht ableiten. Denn diese Kinder teilten das rechtliche Schicksal ihrer Eltern.

Schließlich berücksichtigte das Gericht, dass die Familienväter 2012 wegen gemeinschaftlicher, gefährlicher Körperverletzung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind und dass sämtliche Antragsteller nicht ihrer Passpflicht genügen.

Einer Abschiebung stünde zuletzt auch die Situation der Roma im Kosovo nicht entgegen. Es sei bekannt, dass deren Situation schwierig und von Diskriminierungen geprägt sei. Ein Abschiebungsverbot könne sich aber nach dem Gesetz nur ergeben, wenn die Betroffenen sehenden Auges in den Tod abgeschoben oder schweren Gesundheitsgefahren ausgesetzt würden. Hierfür habe das Gericht keinerlei Anhaltspunkte.

Artikel-Informationen

erstellt am:
09.12.2015

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Dieter Wenderoth

Verwaltungsgericht Göttingen
Berliner Straße 5
37073 Göttingen
Tel: 0551 403-2027
Fax: 05141 5937-33300

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