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Verwaltungsgericht stellt fest, dass eine gegen Jens Wilke ausgesprochene Versammlungsbeschränkung rechtswidrig war.

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat mit Urteil von heute festgestellt, dass die von der Stadt Göttingen gegen Herrn Jens Willke ausgesprochene Beschränkung einer von ihm geplanten Versammlung am 1. April 2017 auf den Bahnhofsvorplatz rechtswidrig war (1 A 75/17).

Der Kläger beabsichtigte, am 01. April 2017 eine Versammlung stattfinden zu lassen, die rund um den Göttinger Bahnhof ziehen sollte. Dies untersagte die Stadt Göttingen und beschränkte die Versammlung auf den Bahnhofsvorplatz. Sie begründete die Beschränkung damit, dass die nach Auskunft der Polizeidirektion Göttingen zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte die Versammlung und Rechte Dritter nicht ausreichend vor Übergriffen gewaltbereiter Linksautonomer schützen könnten. Es läge ein sog. polizeilicher Notstand vor. In dem diesem Klageverfahren vorgelagerten Eilverfahren bestätigte das Gericht das Verbot. Es könne nicht abschließend geklärt werden, ob ein polizeilicher Notstand vorliege; bei einer reinen Interessenabwägung zwischen den Interessen des Klägers und der Versammlungsteilnehmer und den möglicherweise betroffenen Rechten Dritter, müsse das Interesse des Klägers zurückstehen (vgl. Pressemitteilung 4/2017 des Gerichts vom 29. März 2017).

Im Klageverfahren wollte der Kläger festgestellt wissen, dass das gegen ihn seinerzeit ausgesprochene Versammlungsverbot rechtswidrig war. Er trug vor, weder die Stadt Göttingen noch die Polizei hätten das Vorliegen eines polizeilichen Notstandes substantiiert dargelegt. Die beklagte Stadt und die zum Verfahren beigeladene Polizeidirektion Göttingen beriefen sich für das Verbot im Wesentlichen auf Erfahrungen der Vergangenheit. Ereignisse um einen versammlungsrechtlichen Aufzug in Göttingen im Jahre 2005 hätten gezeigt, dass ein solcher Aufzug und vor allem unbeteiligte Dritte vor Übergriffen gewaltbereiter Linksautonomer in Göttingen unter keinen Umständen wirksam geschützt werden könnten.

Das Gericht hat entschieden, dass diese Begründung gemessen am strengen, vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstab für Versammlungsbeschränkungen nicht ausreichend sei. Ein pauschaler Verweis auf Ereignisse aus dem Jahr 2005 genüge nicht den Anforderungen an eine Gefahrenprognose. Vielmehr hätte es einer konkreten, bedarfsgerechten Prognose bezogen auf die geplante Versammlung des Klägers bedurft. Eine solche Prognose hätten weder die Stadt Göttingen noch die Polizeidirektion vorgenommen. Das ausgesprochene Versammlungsverbot sei deshalb rechtswidrig gewesen. Die Vorsitzende wies in der mündlichen Urteilsbegründung darauf hin, dass es damit nicht ausgeschlossen sei, künftig Versammlungsbeschränkungen bei einer entsprechend konkreten Gefahrenprognose rechtmäßig auszusprechen.

Die unterlegenen Beteiligten können gegen das Urteil einen Antrag auf Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg stellen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.01.2018

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Dieter Wenderoth

Verwaltungsgericht Göttingen
Berliner Straße 5
37073 Göttingen
Tel: 0551 403-2027
Fax: 05141 5937-33300

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